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Stadt Neuffen (Druckversion)

2. Info-Brief November 2015

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,


ich darf Sie heute über den Verlauf der Bürgerversammlung vom Dienstag informieren. Die voll besetzte Stadthalle hatte uns bestätigt, dass das Interesse daran sehr groß ist, wie wir in Neuffen mit der „Flüchtlingsunterbringung“, das bekanntermaßen Dauerthema der letzten Wochen und Monate, umgehen. Kein Thema beschäftigt uns derzeit mehr, als der ungebrochene Zustrom von Asylbewerbern. Von geschätzten 800.000 war mal die Rede. Dass diese Zahl schon lange nicht mehr realistisch ist, das wissen wir alle miteinander aus den täglichen Berichterstattungen quer durch alle Medien.

Das Stichwort „Willkommenskultur“, die Aussage der Bundeskanzlerin „Wir schaffen das“, der ebenso ständige Hinweis unseres Landesvaters „Das Boot ist nie voll“, sind große Worte. Optimismus ist gut und auch wichtig. Aber die Realität, die nicht immer solchen hehren Worten folgt, nicht aus den Augen zu verlieren, tut genauso Not. Jedenfalls dann, wenn man nicht nur die Probleme benennen will, sondern auch Lösungen erreichen muss. In den Gemeinden und Städten muss nachhaltig für eine gute und von der Bevölkerung akzeptierte Unterbringung gesorgt werden. Nur so kann die Integration der Neuankömmlinge gelingen. Die Menschen in unserem Land erwarten, dass wir helfen, aber damit nicht gleichzeitig unser Gemeinwesen überfordern.

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, selbstverständlich werden wir von dem Thema auch in Neuffen in aller Kürze betroffen. Für die „Anschlussunterbringung“, also die Flüchtlinge, die per Verfahren bereits als Asylbewerber anerkannt sind, sind die Kommunen zuständig. Sofern die Asylbewerber eigenständig keine Wohnungen finden, sind die Gemeinden und Städte verpflichtet, sie unterzubringen. Es gelten in der Regel die gleichen Voraussetzungen wie in der Unterbringung von obdachlos gewordenen Menschen. Unseren bisherigen Verpflichtungen konnten und können wir auch weiterhin in Kappishäusern nachkommen und haben auch hier in Neuffen dafür schon die Weichen gestellt. Wir sind nach heutigem Stand für diese Aufgabe gewappnet.

Hingegen ist für die vorläufige Unterbringung der Flüchtlinge, die aus den Erstaufnahmestellen auf die Stadt- und Landkreise verteilt werden, hier bei uns der Landkreis Esslingen zuständig. Und darum ging es vordergründig am Dienstagabend in der Stadthalle. Der Landkreis hat nach dem Gesetz die Verpflichtung, die Flüchtlinge in Gemeinschaftsunterkünften oder in Wohnungen unterzubringen. Und diese Unterkünfte hat er bereitzustellen, zu verwalten und zu betreiben und auch das notwendige Personal hierfür zu stellen. Nun kämpft natürlich jeder Landkreis mit dem Problem, dass er in Ermangelung einer eigenen Gemarkung für diese „Erstaufnahmen“ nur ganz wenige Immobilien im Eigentum hat, die hierfür überhaupt geeignet wären. Insofern ist er darauf angewiesen, dass ihm seine Kommunen bei der Bewältigung dieser immensen Aufgaben helfen. Und das im Idealfall mit der Vermittlung von Gebäuden oder Grundstücken, auf denen bauliche Anlagen errichtet werden können.

Nun wurde vom Bund vor drei Wochen endlich das Gesetz zur Beschleunigung der Asylverfahren auf den Weg gebracht. Darin erklärtes Ziel von Bund und Ländern ist, die Asylverfahren gleich schon in den Erstaufnahmeeinrichtungen abzuschließen und die anerkannten Asylbewerber dann direkt der Anschlussunterbringung, also uns Städten und Gemeinden, zuzuführen. Der jetzt am Wochenende eingebrachte ergänzende Vorstoß, den Familiennachzug auf die Flüchtlinge, die auch ausschließlich aus den wirklichen Kriegsgebieten kommen, einzuschränken, ist ein weiterer Schritt in die richtige Richtung und aus Sicht der Kommunen nur zu unterstützen. So langsam aber sicher scheint auch bei der Bundesregierung in Berlin, zumindest bei einem immer größer werdenden Teil, die Problematik vor Ort angekommen zu sein.

Aber unabhängig von all dem ist es eine Selbstverständlichkeit für die Stadt Neuffen, dass wie alle anderen Städte und Gemeinden auch wir dem Landkreis Esslingen unsere Hilfe aktiv anbieten. Der Gemeinderat hat deshalb in seiner Sitzung im September zu insgesamt fünf privaten „Angeboten“ die Zustimmung erteilt, obwohl diese formal gar nicht erforderlich gewesen wäre. Private Mietverträge mit dem Landratsamt sind weder zustimmungs- noch genehmigungspflichtig, sondern ausschließlich Sache zwischen Mieter und Vermieter. Mit den trotzdem erfolgten Beschlüssen hat der Gemeinderat jedoch Solidarität zeigen wollen und auch gezeigt.

Ich hatte in der Sitzung im September aber schon gesagt, dass die fünf Objekte selbstverständlich erst dann endgültig zum Tragen kommen, wenn die Mietverträge unterschrieben sind. Und es durchaus sein kann, dass ich in der Bürgerversammlung sagen kann, dass eben nicht alle Fünf realisiert werden. Dem ist nun auch tatsächlich so.

Was Wirklichkeit wird, ist das Neubauvorhaben hinter der Polizei, also in meiner unmittelbaren Nachbarschaft. Hier geht es aber nicht um eine Sofortmaßnahme. Sondern darum, dass der Eigentümer sein früher angedachtes und baurechtlich bereits schon mal genehmigtes Vorhaben zum Bau von zwei Wohngebäuden jetzt umsetzen möchte und nach Fertigstellung seine Wohnungen dem Landratsamt für die Erstaufnahmen zur Verfügung stellen wird. Ziel ist hier, dass Anfang 2017 Flüchtlinge einziehen können.

Mit dem Eigentümer in der Hofstettenstraße konnte das Landratsamt nicht handelseinig werden, so dass dieses Objekt schon mal entfällt. Ebenso entfällt das Anwesen Oberen Graben 1, bei dem derzeit baurechtliche Belange gegen eine Unterbringung sprechen.

Was nun als Sofortmaßnahme Mitte Dezember auf jeden Fall kommen wird, ist die Unterbringung von knapp 100 Flüchtlingen im ehemaligen Fabrikgebäude im Gewerbepark Dietz, dem ehemaligen Betriebsgebäude der Fa. Bielomatik. Mit dieser Maßnahme sind dann aber auch die Baucontainer in der Stuttgarter Straße nicht mehr erforderlich. Zu den 100 im Gewerbepark Dietz noch die Flüchtlinge in der Reutlinger Straße neben mir hinzugerechnet, kann die Stadt Neuffen ihr jetziges Kontingent erfüllen.

Mit dem Ankommen der Flüchtlinge einhergehend haben die Erfahrungen in allen anderen Kommunen gezeigt, dass die Einbindung des Ehrenamtes und damit der Bürgerschaft die einzige Lösung schlechthin ist, um den Flüchtlingen die Integration nicht nur zu erleichtern, sondern überhaupt erst zu ermöglichen. Zwar erfolgt vom Landkreis aus über die Arbeiterwohlfart (AWO) die hauptamtliche Betreuung. Die AWO ist aber ebenfalls auf jegliche ehrenamtliche Unterstützung angewiesen.

Deshalb hat der Gemeinderat die Bildung des „Arbeitskreises Asyl“ beschlossen, der sich in der Zwischenzeit auch schon gegründet hat. Auf meine Einladungen zum Informationsabend und anschließend zur ersten AK-Sitzung haben sich knapp 80 unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger nicht nur gemeldet, sondern zur festen Mitarbeit in den einzelnen Arbeitsgruppen eingetragen und waren bereits auch schon aktiv. Also sind wir auch da rechtzeitig zur Stelle und ebenfalls sehr gut aufgestellt.

Ich nutze jetzt gerne die Gelegenheit, um mich hiermit bei allen Mitwirkenden im Arbeitskreis respektive den Arbeitsgruppen für ihr Wirken zu bedanken. Und ich bin stolz darauf, dass sich auch in Neuffen so viele ehrenamtliche Helfer für eine gelingende Integration der Flüchtlinge einsetzen wollen. Und ebenso darf ich mich bedanken, dass es in der Bürgerversammlung am Dienstagabend sehr sachlich und konstruktiv abgelaufen ist. Das ist nicht immer selbstverständlich und da haben wir in den Zeitungen von Versammlungen in anderen Städten und Gemeinden auch schon anderes lesen müssen.


Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, ich werde Sie selbstverständlich hier an dieser Stelle auch weiterhin auf dem Laufenden halten. Für heute

herzliche Grüße aus dem Rathaus

Ihr

Matthias Bäcker
Bürgermeister

http://www.neuffen.de//stadt-rathaus/aktuelles-aus-neuffen